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Er rechtfertigte seinen Schritt mit "nationalen Interessen". Die Übernahme des Präsidentenamtes zu diesem Zeitpunkt kam überraschend, auch wenn Beobachter schon seit längerer Zeit darüber spekulierten, dass Musharraf das Präsidentenamt anstrebe.
Der General legte vor dem Obersten Richter des Landes, Irshad Hasan Khan, im Präsidentenpalast Aiwan-i-Sadr seinen Amtseid ab. Dabei legte Musharraf seine Hand allerdings nicht auf den Text der Verfassung, die nach dem Putsch vom Oktober 1999 suspendiert worden war. Musharraf ist bereits der vierte Präsidentengeneral in der Geschichte des Landes.
Mit Rafiq Tarar, der als Vertrauter des von Musharraf abgesetzten Ex-Premiers Nawaz Sharif gilt, wurde einer der letzten Vertreter der alten Ära aus dem Amt gejagt.
Nach wie vor gilt Musharrafs Versprechen gegenüber dem Obersten Gericht, das er bisher unangetastet ließ, bis zum dritten Jahrestag des Militärcoups im Oktober 2002 allgemeine Wahlen durchführen zu lassen und damit die Macht an das Parlament zurückzugeben. Es ist offensichtlich, dass der General nicht den Fehler einiger seiner Vorgänger zu wiederholen gedenkt, die nach einer Periode der "militärischen Säuberung" die Macht wieder an die Politiker abgegeben hatten. Mit den seit Ende letzten Jahres laufenden Lokalwahlen proben die Militärs die von ihnen angestrebte "Basisdemokratie" unter Ausschaltung der politischen Parteien. Es ist daher davon auszugehen, dass der General das höchste Staatsamt übernahm, um nach der versprochenen "Rückkehr zur Demokratie" die Fäden in der Hand zu behalten.
Des weiteren wird angenommen, dass Musharraf, der erst im Vormonat vom indischen Premier Atal Behari Vajpayee zu einem Gipfeltreffen eingeladen wurde, seine Legitimierung als politischer Führer Pakistans stärken wollte. Indien hatte Gespräche in der Vergangenheit stets verweigert und dies mit der mangelnden Legitimation der Regierung Musharraf begründet.
Die Reaktionen im verfeindeten Nachbarstaat, dessen politische Führung über den Schachzug des Diktators im voraus informiert worden war, fielen erstaunlich gleichgültig aus. New Delhi scheint die Machterweiterung als logische Konsequenz der Pläne für eine "gelenkten Demokratie" zu betrachten. Nach Angaben der Neuen Zürcher Zeitung rief Vajpayee bereits Stunden vor der Vereidigung Musharrafs bei diesem an und beglückwünschte ihn als "Herr Präsident" - worauf dieser, offenbar überrascht, zurückgab, dass er noch nicht Präsident sei, die Gratulation aber gerne annehme. Es folgte ein Glückwunschtelegramm des indischen Staatspräsidenten K.R. Narayanan, der unerwartet zum Gastgeber Musharrafs beim bevorstehenden Gipfeltreffen am 14. Juli aufgerückt war.
Auch König Gyanendra, der neue Monarch von Nepal, sein Premierminister Girija Prasad Koirala und Nihal Rodrigo, Generalsekretär der South Asian Asscociation for Regional Cooperation, schickten ihre Glückwünsche.
Die politischen Parteien in Pakistan kritisierten Musharrafs Übernahme des Präsidentenamtes scharf. So bezeichnete Nawabzada Nasrullah Khan, Führer der parteiübergreifenden Alliance for Restoration of Democracy, gegenüber der BBC den Griff des Generals nach der Präsidentschaft als "nationale Tragödie". Parteigänger von Benazir Bhuttos Pakistan People's Party erklärten, dass der Diktator sich nun an die Macht klammere und dadurch sein wahres Gesicht zum Vorschein bringe.
Auch das westliche Ausland reagierte ablehnend. Großbritannien und die USA bezeichneten die Auflösung der Parlamente und die Absetzung des verfassungsmäßigen Staatsoberhaupts als einen weiteren Schritt in der Zerstörung der Demokratie. Noch einen Tag zuvor hatte der amerikanische Außenminister Colin Powell nach einem Gespräch mit seinem pakistanischen Amtskollegen Abdus Sattar zu Protokoll gegeben, die USA sähen hoffnungsvolle Zeichen in Richtung Demokratisierung. Daher reagierte die Regierung in Washington besonders empört. Sattar hatte die USA besucht, um den einstigen Verbündeten davon zu überzeugen, dass es den Militärs ernst ist mit ihren Plänen, zur Demokratie zurückzukehren.
Die Inszenierung in Islamabad versetzte Sattar in eine peinliche Lage. Er versuchte sich zu entschuldigen, indem er eingestand, erst am Vorabend von Musharrafs Absichten erfahren zu haben. Da selbst der Außenminister nicht über die Pläne seines Chief Executive informiert war, spekulierten Beobachter, dass auch die Militärführung nur zum Teil in Musharrafs Pläne eingeweiht gewesen sei. Diplomaten, die an der Vereidigung teilgenommen hatten, berichteten, dass die beiden wichtigsten Generäle nach Musharraf der Zeremonie nicht beigewohnt hatten.
Dies zeigt erneut, dass General Musharraf im Offizierskorps nicht nur Zustimmung erhält. Ob im Oktober 2002 die versprochenen Wahlen in Pakistan abgehalten werden, bleibt abzuwarten. Die Militärs werden sich der Macht im zweitgrößten Staat Südasiens weiterhin bedienen. Die Amtszeit des Präsidenten ist laut Verfassung auf fünf Jahre begrenzt. Doch diese hatte Musharraf bereits unmittelbar nach seiner Machtübernahme außer Kraft gesetzt. Momentan wird Pakistan mit Dekreten regiert.
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