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06. August 2008. Nachrichten: Indien - Politik & Recht Militärstratege mit Zivilcourage

Zum Tod von Feldmarschall Sam "Bahadur" Manekshaw

Der Parse Sam Hormusji Framji Jamshedji Manekshaw, als Armeechef 1971 Architekt des Sieges über Pakistan, der zur Unabhängigkeit Bangladeschs führte, verstarb am 27. Juni 2008 im Alter von 94 Jahren.

Feldmarschall Manekshaw wurde, so die Times of India, in Indien landesweit wegen "seiner strategischen Brillanz und Führungsfähigkeiten sowie seiner bissigen Aufrichtigkeit und seines stechenden Humors" verehrt. Seine überragende Persönlichkeit und die Stationen seiner militärischen Karriere symbolisieren aber auch das nicht immer konfliktfreie Verhältnis von Politik, Bürokratie und Militär in der größten Demokratie der Welt.

40 Jahre militärische Karriere

Manekshaws militärische Karriere reichte von 1932 bis 1973. Er gehörte zu den ersten Absolventen der Indian Military Academy in Dehra Dun, die 1932 zur Ausbildung indischer Offiziere für die Britisch-Indische Armee gegründet worden war. Während des Zweiten Weltkriegs kämpfte er im Dienst der Kolonialherren im indischen Nordosten und in Burma, wo er sich im Kampf gegen die japanische Armee eine schwere Verwundung zuzog, die ihn fast das Leben gekostet hätte.

Anschließend besetzte er verschiedene militärische Spitzenpositionen. So war er unmittelbar nach der Unabhängigkeit Indiens als Director Military Operations (1948-52) in die Auseinandersetzungen mit Pakistan involviert und sorgte, als er nach der vernichtenden Niederlage der indischen Armee im indisch-chinesischen Krieg von 1962 als Kommandeur in das umkämpfte Grenzgebiet versetzt wurde, mit seinem deutlichen Befehl, keine weiteren Rückzüge anzutreten, für eine Wiederherstellung der Truppenmoral.

Manekshaw, "ein Meister abgestimmter Operationen", so der Luftwaffenmarschall Arjun Singh, leitete als Stabschef der indischen Armee (1969-73) die Angriffe der indischen Streitkräfte, die im Dezember 1971 innerhalb von zwei Wochen zur vernichtenden Niederlage der pakistanischen Armee in Bangladesch führten. Zuvor hatte er sich erfolgreich dem enormen politischen Druck Indira Gandhis und ihres Kabinetts widersetzt, bereits im Sommer gegen Pakistan loszuschlagen. Manekshaw argumentierte, dass die Streitkräfte nicht konzentriert seien und der Monsun abgewartet werden müsse. Außerdem müssten die Himalaya-Pässe zugefroren sein, um eine chinesische Intervention zugunsten Pakistans auszuschließen, da im Krieg gegen Pakistan von 1965 ein chinesisches Ultimatum zu dessen schneller Beendigung beigetragen hatte.

Manekshaw "stellte sicher, dass die Armee bekam, was sie wollte, um zu kämpfen. Er vertrat ihre Interessen rückhaltlos gegenüber der Bürokratie", so Ex-General J.F.R. Jacob, der 1971 ebenfalls eine maßgebliche Rolle spielte. Er besaß genügend Selbstvertrauen und Zivilcourage im Umgang mit Politikern, selbst gegenüber Indiens erstem Premierminister Jawarhalal Nehru und dem höchst umstrittenen und bis zu seiner Entlassung 1962 allmächtigen Verteidigungsminister Krishna Menon. Manekshaw sprach ohne Furcht und war nicht auf persönliche Vorteile bedacht. So machte er sich auch Feinde. Während seiner Amtszeit als Kommandant des Defense Services Staff College wurde sogar ein Verfahren wegen angeblicher "Verwestlichung" gegen ihn eingeleitet, allerdings ohne Ergebnisse.

Als Indira Gandhi Manekshaw nach dem Krieg 1971 mit Gerüchten über einen angeblichen Putsch gegen sie konfrontierte, antwortete er angeblich: "Meinen Sie nicht, dass ich ein würdiger Ersatz für Sie wäre, Frau Premierministerin. Sie haben ebenso wie ich eine lange Nase. Ich stecke meine Nase aber nicht in die Angelegenheiten anderer Leute."

Parteiübergreifend respektiert

Manekshaw, so der Publizist Bahul K. Bhonsle, verkörperte "Professionalismus und apolitisches Ethos in der Armee in der Zeit nach der Teilung des Subkontinents". Seine Amtsführung als Armeechef sei, so Bhonsle weiter, durch eine "ausgeglichene zivil-militärische Beziehung" geprägt gewesen. Obwohl 1973 mit dem höchsten militärischen Ehrentitel Feldmarschall ausgezeichnet, blieb er bis zu seinem Tod ein Jawan, ein Soldat. So genoss er größte Verehrung bei den nepalesischen Gurkhas, die ihm die Ehrenbezeichnung "Bahadur" verliehen, als er als Oberst von 1952-54 das Regiment der 8th Gurkha Rifles befehligte.

Mit Siloo Bode, die vor wenigen Jahren verstarb, seit 1939 verheiratet, zog sich der Vater zweier Töchter nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst in ein Landhaus im südindischen Wellington zurück, wo er Rosen züchtete. Er hielt aber auch Vorträge an Militärschulen und bestand darauf, dass die Frauen der Offiziere in die Diskussionen einbezogen wurden. Manekshaw setzte außerdem auf die Jugend in den Streitkräften, die als Resultat der Liberalisierungspolitik nach 1991 heute über einen erheblichen Mangel an Führungspersonal klagen.

Parteiübergreifend würdigten Vertreter der indischen politischen Elite sowie zahlreiche Journalisten den Verstorbenen. Präsidentin Pratibha Patel nannte ihn einen "brillanten Feldkommandeur und wahren Patrioten". Der außenpolitischer Berater in Bangladesch, Iftekhar A. Chowdhury, sagte: "Das Volk von Bangladesch wird sich immer mit warmer Dankbarkeit an seinen Beitrag zu unserem Befreiungskrieg erinnern."

An dem von der Regierung verfügten Staatsbegräbnis, das nach parsischem Ritus – allerdings mit einer Beerdigung an der Seite seiner verstorbenen Frau – erfolgte, nahm jedoch als höchster politischer Repräsentant nur der Staatsminister im Verteidigungsministerium, M.M. Pallam Raju, teil; zudem fehlten die Oberbefehlshaber der drei Waffengattungen, was erhebliche Kritik in den indischen Medien auslöste. Manekshaws Andenken soll nun durch die Umbenennung des im Bau befindlichen Param Vir Complex, eines Studienzentrums für Kriegsführung, in der Hauptstadt New Delhi bewahrt werden.

Quellen

  • Rajat Pandit: Farewell Sam Bahadur. In: The Times of India, 28.6.2008, S. 14.
  • Bahul K. Bhonsle: Sam Manekshaw. A great soldier and a leader. In: MINT, 30.6.2008, S. 23.

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