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07. Oktober 2010. Aus dem Netzwerk: SÜDASIEN 3/2010

Thema: "Schlüsselfragen in Nepal"

Das aktuelle Heft (3/2010) der vom Südasienbüro e.V. (Bonn) herausgegebenen Zeitschrift SÜDASIEN zum Thema "Schlüsselfragen in Nepal" erschien am 22.09.2010.

Liebe Leserinnen und Leser,

Hat die Welt schon einmal so eine Flut wie 2010 in Pakistan gesehen? Nach dem schweren Erdbeben mit seinem Epizentrum im pakistanischen Teil von Kashmir 2005 gehen einmal mehr die Bilder von einer schlimmen Naturkatastrophe im Land am Indus über die Fernsehkanäle dieser Welt. Doch im Lande wird aufmerksam registriert, dass die Bevölkerung in den reichen Staaten des Westens diesmal weniger spendenfreudig reagiert als nach dem schrecklichen Erdbeben in Haiti Anfang 2009. Mit dem notorisch schlechten Image Pakistans als Hort des Islamismus und der terroristischen Gewalt, als Inbegriff der Korruption und der Vetternwirtschaft, als fragiler Staat im Würgegriff von Militär und Geheimdienst tut sich die Weltöffentlichkeit schwer.

Die Lage ist dramatisch: Die Ernte in weiten Teilen des Landes ist zerstört. Der Hunger klopft schon jetzt unüberhörbar an die Tür. Straßen und Wege sind zerstört, ganze Dörfer unbewohnbar. Der Wiederaufbau wird Jahre dauern. Die längerfristigen Folgen der Flut, auch die politischen, sind nicht absehbar. Das Militär poliert in der Krise sein durch den mäßig erfolgreichen Kampf gegen den Islamismus ramponiertes Image wieder auf und setzt sich wieder einmal auf Kosten des maroden zivilen Staatswesens als selbstlose humanitäre Helferin in Szene.

Cover Südasien 3/2010
Titelbild des SÜDASIEN-Heftes (3/2010) zum Thema "Schlüsselfragen in Nepal". Foto: Südasienbüro e.V. (Bonn)

Die Fachleute sind sich einig, dass die rigorose, mafiös betriebene Abholzung der letzten Jahrzehnte und die überzogene Wassernutzung für das Ausmaß der Katastrophe verantwortlich sind. Der einstmals gewaltige Indus-Strom ist in den meisten Teilen des Jahres zu einem schmalen Rinnsal verkommen: Der Fluss hat sein Bett verloren: Deswegen tritt er bei einer Flut auch schnell über die Ufer.

Auch Nepal hat mit jeder Menge hausgemachter Umweltprobleme zu kämpfen. Kathmandu platzt aus allen Nähten. Die Stadt wandelt sich angesichts der hohen Bevölkerungsdichte zu einer riesigen Kloake, der angesichts der sie umgebenden Berge und der sich im Kathmandu-Tal stauenden Luft wortwörtlich der Schnauf auszugehen droht. Welche Folgen hier angesichts der immer dichter werdenden Bebauung ein Erdbeben haben wird, wagt sich keiner auszumalen.

Erstmals seit längerer Zeit ist Nepal wieder Schwerpunktthema unserer Zeitschrift. Leider gibt es wieder einmal Grund, von einem fragilen Staat in der Krise zu berichten. Sechs Anläufe, im erweiterten Parlament der Verfassungsgebenden Versammlung einen neuen Ministerpräsidenten zu wählen und so die Bildung einer neuen Regierung auf den Weg zu bringen, sind gescheitert. Die politischen Parteien sind untereinander und intern so polarisiert und zerstritten, dass die Bildung der vielfach gewünschten Regierung der nationalen Einheit in weite Ferne gerückt zu sein scheint. Dabei geht es im Grunde um alles oder nichts: Entweder es gelingt, den Friedensprozess mit vereinten Kräften fortzuführen und neu zu beleben, oder die Gewalt eskaliert - mit unabsehbaren Folgen nicht nur für Nepal, sondern auch für die ganze Region.

Gerade hat die Repräsentantin des Generalsekretärs der Vereinten Nationen in Nepal, Karin Landgren, den Sicherheitsrat über die Arbeit der UN-Friedensmission UNMIN und den Stand des Friedensprozesses informiert. Sie appelliert dringend an alle politischen Parteien, das gegenseitige Misstrauen zu überwinden und die Probleme bei der Regierungsbildung endlich zu überwinden. "Nepals Friedensprozess ist noch nicht gescheitert, doch er verläuft viel langsamer und holpriger, als von den Parteien und vom Rat vorhergesehen", teilte Landgren dem Sicherheitsrat mit. Zweckoptimismus?

Wie lange kann es sich die anhaltende Stagnation erlauben und wo steht das Land heute? Diese zentralen Fragen werden in einer Reihe sich ergänzender Beiträge aus jeweils unterschiedlicher Perspektive beleuchtet. Der renommierte Nepalexperte Karl-Heinz Krämer analysiert aus einer Außenperspektive die komplexen Brüche und Widersprüche im derzeitigen Politikgeschehen. Im Beitrag des prominenten nepalischen Journalisten Kanak Mani Dixit und im Interview mit dem Menschenrechtler K.B. Rokaya kommen die Wahrnehmungen zweier wichtiger Vertreter der nepalischen Zivilgesellschaft zu Wort.

Dass das kulturelle Leben in Nepal wie in der gesamten Region Südasien trotz zäher politischer Auseinandersetzungen und Konflikte nicht stagniert, darauf verweist unter anderem der Interview-Beitrag zum Travelling Film Festival South Asia. Dies gibt bei allen Schwierigkeiten auch wieder Anlass zu Hoffnung und Zuversicht.

Noch eine Bemerkung in eigener Sache: Beim Versand von Heft 2-2010 war eine Leserumfrage beigefügt. Wir haben eine ganze Reihe Rücksendungen erhalten, die wir in der Redaktion noch gründlich diskutieren wollen. Im nächsten Heft wird unser Vorstandsmitglied Elena Krüskemper die Rückmeldungen und ihre Auswertung vorstellen. Herzlichen Dank schon jetzt an alle, die uns den Umfragebogen ausgefüllt zurückgeschickt haben!

Thomas Döhne
Heinz Werner Wessler

 

 

Inhaltsverzeichnis Südasien 3/2010

Editorial

Tendenzen der Gegenwartsliteratur
Georg Lechner - Rezeption indischer Lyrik in Deutschland
Arif Naqvi - Der Rikschafahrer
Termine der Lesereise mit Geetanjali Shree

Nepal
Karl-Heinz Krämer - Demokratie, Legitimation und Friedensprozess
J. Odumuyiwa/T. Sanio - Transitional Justice in Nepal
Kanak Mani Dixit - Volksrepublik Nepal - Hütet Euch!
Theodor Rathgeber - Stiefvater Staat - Frauenrechte in Nepal
Adrian Schuster - Die Reintegration der maoistischen Kämpfer Nepals
Interview mit K.B. Rokaya
Thomas Döhne - Lauter Wald und (bald) keine Bäume mehr

Bangladesh
Patrizia Heidegger - Im Überblick
Patrizia Heidegger - Kampf der Textilarbeiterinnen für höheren Mindestlohn

Pakistan
Thomas Bärthlein - Flutkatastrophe in Pakistan
Interview mit Dirk Kamm
Britta Petersen - Kampf gegen die Zeit

Südasien
Sudhir Chandra - Zum Verständnis des modernen Südasien
Heinz Werner Wessler - 21. ECMSAS, 26.-29.7.2010
Mariella Ourghi - Serie Religionen: Mumbai - Multireligiöse Metropole
S. Schmid/L. Poppe - Die Jarawa auf den Andamanen-Inseln
Maren Bellwinkel-Schempp - Ambedkar in Bonn
Thomas Döhne - Filmfestival in Kathmandu

Rezensionen

Gelbe Seiten
Adivasi-Rundbrief


(Das Einzelheft kostet 6,50 Euro, weitere Informationen auf der Homepage des Südasienbüro e.V.)

 

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